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Wie Optionsscheine und Zertifikate auf Dividendenzahlungen reagieren

Die Dividendensaison in Deutschland steht vor der Tür. Auch dieses Jahr werden die Unternehmen Milliarden an ihre Aktionäre ausschütten. Für uns ein Anlass, uns einmal näher mit der alljährlichen Auszahlung an die Anteilseigner zu beschäftigen und die Auswirkungen auf Zertifikate und Optionsscheine genauer zu betrachten.

Die Dividende (aus dem lateinischen »dividenda« für »Anteil«) ist in Deutschland unter dem Begriff »auszuschüttender Betrag« im Aktiengesetz geregelt. Sie wird vom Vorstand vorgeschlagen und ist der Anteil des Gewinns einer Kapitalgesellschaft, der an die Aktionäre ausgeschüttet wird. Die Hauptversammlung beschließt sie mit einfacher Mehrheit, also mehr als 50 Prozent der Stimmen. Dividendenberechtigt sind die Aktionäre, die die entsprechende Aktie am Tag vor dem Ex-Tag in ihrem Depot haben. Als Ex-Tag wird in der Regel der Zahlbarkeitstag bezeichnet. Ein Aktionär, der die Aktie vor diesem Tag kauft, besitzt die Aktie »cum«, also mit Anspruch auf Dividende. Während in Deutschland die Dividende üblicherweise einmal jährlich am Folgetag der Hauptversammlung ausgezahlt wird, sind in den USA quartalsweise Auszahlungen gängige Praxis.

Welchen Einfluss haben Dividenden auf Optionsscheine?
Andere kursbeeinflussende Faktoren außer Acht gelassen, fällt die Aktie am Ex-Tag um die Bruttodividende, man spricht vom »Dividendenabschlag«. Auf den ersten Blick sollte ein Optionsschein, der sich auf die entsprechende Aktie bezieht, auf diese Aktienkursänderung reagieren. Da sich die Optionsscheinberechnung des Emittenten jedoch auf den Terminkurs des Basiswerts zum Fälligkeitstag bezieht und darin die erwarteten Dividendenabschläge bereits berücksichtigt sind, ändern sich die Optionsscheinpreise in der Regel nicht.

Der Käufer von Put Optionsscheinen kann also nicht von Dividendenabschlägen profitieren, da sie bereits im Preis des Optionsscheins berücksichtigt sind. Ebenso erleidet der Besitzer eines Call Optionsscheins am Tag des Dividendenabschlags in der Regel keinen Verlust durch die Zahlung der Dividende.

Eine Ausnahme von dieser Regel gibt es: den tief im Geld liegenden Call Optionsschein, dessen Zeitwert kleiner ist als der Barwert der Aktiendividende; hier kann es unter Umständen zu einem signifikanten Preisrückgang des Optionsscheins kommen. Die vorzeitige Berücksichtigung der zu erwartenden Dividende im Preis des Produkts ist für den Emittenten in diesem Fall nicht möglich, denn er würde damit eine nicht erwünschte Arbitragemöglichkeit schaffen (siehe hierzu den Beitrag aus der ideas-Wissensreihe »Ausübungsmethoden: Europäisch vs. amerikanisch« unter www.ideas-magazin.de/informationen/wissen/optionsscheine-optionstheorie/). Sollte sich allerdings die erwartete Dividende ändern, hat dies natürlich einen preisbeeinflussenden Effekt auf den Terminkurs der Aktie, was wiederum zu sich ändernden Optionsscheinpreisen führt. Während also die eigentliche Zahlung der Dividende isoliert betrachtet am Ex-Tag keinen Preiseffekt hat, führt die Veränderung der erwarteten Dividende zu einer Preisreaktion des Optionsscheins. Der Call wird sinken, wenn die erwartete Dividende steigt, der Put wird sinken, wenn die erwartete Dividende fällt. Man spricht vom Dividendenänderungsrisiko. Es sollte allerdings beachtet werden, dass eine Änderung der erwarteten Dividende in der Regel auch Auswirkungen auf andere terminkursbeeinflussende Faktoren, wie etwa den Kassakurs, hat. So kann der Effekt entweder verstärkt, aber auch abgeschwächt werden.

Welchen Einfluss haben Dividenden auf Discount-Zertifikate?
Inhaber von Discount-Zertifikaten besitzen grundsätzlich keinen Anspruch auf Dividendenzahlungen des zugrunde liegenden Basiswerts. Die Dividende geht dem Anleger aber nicht verloren, denn sie wird für die Finanzierung des Discount-Zertifikats verwendet. Je höher die Dividende, desto höher der Discount, also desto günstiger ist das Zertifikat. Auch hier spielt die Änderung der erwarteten Dividende eine entscheidende Rolle bei der Preisentwicklung. Eine steigende Dividendenerwartung führt tendenziell zu einem sinkenden Preis des Discount-Zertifikats und umgekehrt.

Welchen Einfluss haben Dividenden auf Turbo-Optionsscheine?
Bei Unlimited Turbo-Optionsscheinen wird in der Regel der Teil der Dividenden, der dem Emittenten zufließt, insofern berücksichtigt, als der Emittent den Basispreis (und die Knock-Out- Barriere) des Produkts entsprechend nach unten anpasst. Damit soll eine preisbeeinflussende Wirkung der Dividendenzahlung des Optionsscheins weitgehend verhindert werden. Ein Dividendenänderungsrisiko besteht nicht.

Bei Classic Turbo-Optionsscheinen (mit vordefinierter Fälligkeit) findet keine Anpassung aufgrund der Dividende statt, da die Ausschüttung bereits im Kurs des Produkts berücksichtigt ist. Es besteht ein Dividendenänderungsrisiko. Der Call wird sinken, wenn die erwartete Dividende steigt, der Put wird sinken, wenn die erwartete Dividende fällt.

Welchen Einfluss haben Dividenden auf Faktor-Optionsscheine?
Auch bei Faktor-Optionsscheinen erfolgt am Ex-Tag eine Anpassung. Der Emittent addiert einen Korrekturbetrag, der in Abhängigkeit von der Höhe der Dividende unter Berücksichtigung von Steuern oder sonstigen Abgaben festgelegt wird, auf den Spotkurs des Basiswerts. Dadurch wirkt er einer Preisbeeinflussung des Faktor-Optionsscheins durch den Dividendenabschlag im Basiswert entgegen.

Welchen Einfluss haben Dividenden auf Index-Zertifikate?
Um die Auswirkung der Dividende auf das Index-Zertifikat zu beschreiben, muss man den zugrunde liegenden Index betrachten: Man unterscheidet zwischen Kurs- und Performanceindex. Letzterer berücksichtigt Dividenden, die somit in die Indexberechnung mit einfließen. Anleger werden also indirekt durch die Kursentwicklung des Zertifikats an der Ausschüttung der im Index befindlichen Aktien steuerbereinigt »beteiligt«.