Wissen

Rücksetzer voraus?

Die Technische Analyse verfügt über einige Werkzeuge, die vor einem möglicherweise drohenden Rücksetzer am Aktienmarkt warnen können. 

Da auch jede mögliche Trendwende mit einer Korrektur beginnt, werfen wir einen Blick auf einige häufig zu beobachtende Warnsignale für eine bevorstehende Schwächephase. Dabei beschränken wir uns auf solche Indikatoren, die auch der Privatanleger mit handelsüblicher Chartsoftware und Zugang zum Internet verfolgen kann.

Momentum-Warnsignale
Momentum-Indikatoren messen die Schwungkraft des Marktes. Lässt diese Schwungkraft ausgehend von einem extrem überhitzten Niveau nach, besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine anstehende Konsolidierung oder Preiskorrektur. Bedeutendere Hochpunkte bzw. Trendwenden in der Preiskurve entstehen häufig nach einer vorgeschalteten sogenannten negativen Divergenz der Indikatorkurve zur Preiskurve. Zu den Momentum-Indikatoren gehört beispielsweise der RSI-Indikator. Weitere häufig verwendete Indikatoren dieser Gruppe sind das Momentum, Rate-of-Change (ROC) sowie der Stochastik-Oszillator (Fast-Stochastik/Slow-Stochastik). Anleger sollten sich einen der genannten Indikatoren aussuchen und seine Eigenheiten kennenlernen. Mehrere Momentum-Indikatoren parallel zu verwenden, bringt keinen echten Mehrwert. Der RSI-Indikator (siehe Grafik 1) oszilliert in einer Bandbreite zwischen 0 und 100. Werte über 70 gelten als überkauft, während unterhalb der Marke von 30 ein überverkaufter Marktzustand signalisiert wird. Dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Rücksetzer im Basiswert steigt, wenn sich der Indikator über 70 befindet. Entsprechend können Anleger in einer solchen Situation darüber nachdenken, die Stops bestehender Long-Positionen zur Gewinnsicherung engmaschig nachzuziehen oder Teilgewinne zu realisieren. Bildet der Basiswert nach einem Zwischenhoch ein gleich hohes oder höheres Hoch aus, während der RSI-Indikator ein niedrigeres Hoch formt, liegt eine negative bzw. bearishe Divergenz vor. Diese warnt vor einem deutlicheren Rücksetzer. Solange sich der Basiswert in einem Aufwärtstrend befindet, signalisiert ein Oszillator-Wert unter 30 eine mögliche Bodenbildung. In einer solchen Konstellation kann der Anleger entsprechend nach einem vollzogenen Rücksetzer Ausschau nach Anzeichen einer Stabilisierung in der Preiskurve des Basiswerts halten und über ein Neuengagement auf der Long-Seite nachdenken.

Grafik 1: Negative Divergenz im überkauften Bereich

Marktbreite-Warnsignale
Die sogenannte Marktbreite spiegelt die »Gesundheit« einer Trendbewegung an den Aktienmärkten wider. Sie misst, ob diese Bewegung von einer Vielzahl von Aktien getragen wird oder lediglich von einigen wenigen »High Flyern«. Klettert ein Aktienindex auf neue Hochs, während die Mehrheit der im Index enthaltenen Aktien keine neuen Bewegungshochs markiert, so gilt die Bewegung als ungesund und anfällig für eine Abwärtskorrektur oder Trendwende. Für den US-Aktienmarkt sind viele Marktbreite-Indikatoren im Internet kostenlos verfügbar. Der Klassiker unter den Marktbreite-Indikatoren ist die NYSE Advance-Decline Line. Weitere wichtige Vertreter dieser Indikatorengattung sind der McClellan-Oszillator sowie der Prozentsatz der Aktien über der 200-Tage-Linie (und verschiedene kürzere gleitende Durchschnittslinien). Wie in Grafik 2 ersichtlich, formte die NYSE Advance-Decline Line auf Wochenbasis beispielsweise im Herbst 2018 ein tieferes Hoch aus, während der Dow Jones Industrial ein höheres Hoch markierte. Diesem Warnsignal folgte eine kräftige Abwärtskorrektur an den US-Aktienmärkten sowie auch den meisten anderen Aktienmärkten weltweit. Solange der Indikator mit dem Aktienmarkt neue Hochs erzielt, bestätigt er den etablierten Aufwärtstrend und die Gesundheit des Aufschwungs.

Grafik 2: NYSE Advance-Decline Line

Sentiment-Warnsignale
Hilfreich für die Früherkennung einer möglichen Korrektur oder Trendwende an den Aktienmärkten sind daneben auch diverse Sentimentindikatoren. Gemäß dem sogenannten Prinzip der Contrary Opinion liegt die Mehrheit der Marktteilnehmer an Extrempunkten mit ihrer Markteinschätzung häufig falsch. Sind die Marktteilnehmer also euphorisch gestimmt für die weitere kurzfristige Entwicklung an den Aktienmärkten, besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass es zumindest temporär zu einer Korrekturbewegung kommt. Hintergrund ist, dass in einem solchen Fall bereits alle Optimisten ihre Markteinschätzung durch Käufe umgesetzt haben und damit der Treibstoff für weitere Kursavancen fehlt. Werden die Marktteilnehmer dann im Zuge einer Abwärtskorrektur pessimistisch, während der übergeordnete Aufwärtstrend intakt bleibt, kann der Anleger nach Anzeichen einer Stabilisierung Ausschau halten und einen antizyklischen Einstieg auf der Long-Seite in Betracht ziehen. Frei im Internet verfügbare umfragebasierte Stimmungsindikatoren gibt es beispielsweise bei sentix.de und animusx.de (siehe Grafik 3) für Anleger, die an den wöchentlichen Umfragen teilnehmen.

Grafik 3: Stimmungsindikator