Technische Analyse

Chartformationen, Teil 1: Doppeltop und Doppelboden

Neben der Untersuchung des Trends und der Identifizierung von Unterstützungen und Widerständen stellt die Formationsanalyse ein weiteres wichtiges Werkzeug in der Hand des technisch orientierten Anlegers dar. Grundlage der Formationsanalyse ist die Beobachtung von Marktteilnehmern, dass sich bestimmte Muster (englisch: Pattern) in den Charts beständig wiederholen. Diese Patterns können bullish, bearish oder neutral sein. Im letztgenannten Fall ergibt sich erst mit dem Ausbruch aus dem Muster eine echte analytische Aussagekraft hinsichtlich der weiteren Kursentwicklung. Erfolgt der Ausbruch aus einer Formation, wird diese bestätigt. Das Handelsvolumen spielt dabei in der Regel ebenfalls eine bedeutende Rolle bei der Validierung des Ausbruchs. Nach dem Ausbruch entsteht eine Arbeitshypothese für entweder die Fortsetzung des mit der Formation unterbrochenen Trends oder die Umkehr des Trends. Zudem wurden Regeln für Kursziele entwickelt, die einen wertvollen Anhaltspunkt für das zu erwartende Kurspotenzial liefern.

Einfach, aber effektiv
Eine der wohl bekanntesten Chartformationen stellt das Doppeltop dar. Dieses aufgrund seines Aussehens gelegentlich auch M-Formation genannte Muster signalisiert eine bearishe Trendwende. In einem Aufwärtstrend markieren die Kurse bei in der Regel zunehmenden Volumen ein neues Hoch bei Punkt A (siehe Grafik 1). Anschließend fallen die Kurse bei nachlassendem Volumen bis zum Punkt B. Der nachfolgende Kursaufschwung führt die Notierung zurück auf die Höhe des Punkts A, wo Gipfel C ausgebildet wird. Für gewöhnlich erreicht das Volumen dabei nicht mehr die Größenordnung wie bei der ersten Rally an dieses Kursniveau. Punkt A wird nicht mehr signifikant überschritten und die Kurse fallen erneut in Richtung Punkt B. Ab diesem Zeitpunkt kann von einem potenziellen Doppeltop gesprochen werden. Wichtig ist nun, dass der Punkt B per Schlusskurs unterschritten wird. Erst dann liegt ein vollendetes bzw. bestätigtes Doppeltop vor. Vorher wäre auch die Ausbildung einer trendbestätigenden Seitwärtskonsolidierung denkbar. Der Durchbruch bei Punkt B sollte bei steigendem Volumen stattfinden, um das Risiko von Fehlsignalen zu verringern. Häufig kommt es anschließend bei abnehmendem Volumen zu einer Rückkehrbewegung (Pullback) in Richtung des Durchbruchspunkts, der nun als Widerstand fungiert. Danach sollte sich der etablierte Abwärtstrend bei wiederum steigendem Volumen fortsetzen. Das analytische Mindestkursziel aus dem Doppeltop ergibt sich aus der Spiegelung der Formationshöhe am Punkt B nach unten.

Grafik 1: Doppeltop

Das bullishe Pendant
Der Doppelboden bzw. die W-Formation stellt das bullishe Gegenstück zum Doppeltop dar. Das Aussehen ergibt sich spiegelbildlich zum Doppeltop, sodass insofern auf die obigen Ausführungen und auf Grafik 2 verwiesen werden kann. Zu beachten ist jedoch, dass, wie allgemein bei unteren Umkehrformationen, das Volumen eine wesentlich wichtigere Rolle spielt als bei oberen Umkehrformationen. Dies ergibt sich daraus, dass Märkte bzw. Basiswerte dazu neigen, quasi aufgrund ihres eigenen Gewichts zu fallen. Hingegen bedarf es einer signifikanten Zunahme des Kaufdrucks, um einen Bullenmarkt ins Laufen zu bringen. Entsprechend sollte das Volumen beim Doppelboden deutlich ansteigen, wenn der Durchbruchspunkt B überwunden wird.

Grafik 2: Doppelboden

Trade-Management
Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten, auf Basis eines Doppeltops oder eines Doppelbodens zu handeln. Zum einen kann nach dem signifikanten Durchbruch per Schlusskurs auf fallende (Doppeltop) bzw. steigende (Doppelboden) Kurse gesetzt werden. Des Weiteren kann nach dem Durchbruch auf eine Rückkehr an den Durchbruchspunkt gewartet und dort eine entsprechende Position eingenommen werden. Statistisch kommt es etwa in 68 Prozent aller Fälle zu einem solchen Pullback. Und schließlich besteht die Möglichkeit, in Antizipation auf ein Doppeltop bzw. einen Doppelboden bereits an Punkt C eine (erste) antizyklische Position mit engem Stop-Loss einzunehmen. Im letztgenannten Fall können momentumbasierte Indikatoren sowie Candlestick-Umkehrsignale als Einstiegshilfen zu Rate gezogen werden. Ohne technisch basierte Indizien auf eine zumindest kurzfristige Umkehr am Widerstand (bzw. an der Unterstützung) des Punkts A sollte keinesfalls agiert werden. Der Stop sollte dann bei einer Bewegung in Richtung des Durchbruchspunkts B engmaschig zur Gewinnsicherung nachgezogen werden. Bei einem klassischen Einstieg nach der Komplettierung des Doppeltops bzw. des Doppelbodens oder nach einem möglichen Pullback an den Ausbruchspunkt bietet es sich an, einen anfänglichen Stop-Loss knapp jenseits des Mittelpunkts der Strecke A–B zu platzieren. Ein noch engerer Stop-Loss wäre denkbar, falls sich unmittelbar vor dem Ausbruch eine Konsolidierung entwickelt hatte. In diesem Fall kann ein schützender Stop knapp jenseits des Konsolidierungshochs (beim Doppeltop) bzw. des Konsolidierungstiefs (beim Doppelboden) in Betracht gezogen werden.