Technische Analyse

Candlestick-Formationen – Teil 3

Wir knüpfen in dieser Folge nahtlos an die letzte Folge unserer Reihe zur Technischen Analyse an und besprechen weitere wichtige Umkehrformationen aus dem Bereich der Candlestick-Analyse. Abschließend geht es um wichtige Regeln und Hinweise zur praktischen Anwendung aller Kerzenmuster.

Bullish Harami und Bearish Harami
Ein Bullish Harami ist ein aus zwei Kerzen bestehendes Trendumkehrmuster. In einem Abwärtstrend bildet sich zunächst eine Kerze mit einem großen schwarzen Kerzenkörper. Die nachfolgende Kerze besitzt einen kleinen – meist weißen – Körper, der sich komplett innerhalb der Kursspanne des Körpers der ersten Kerze befindet. Beim Bearish Harami liegt entsprechend die spiegelbildliche Konstellation vor. Im Rahmen eines Aufwärtstrends bildet sich eine Kerze mit großem weißen Körper aus, der eine – meist schwarze – Kerze mit kleinem Körper innerhalb des Körpers der ersten Kerze folgt. Die zweite Kerze des Harami-Musters ist ein Spinning Top (»Kreisel«), das heißt eine Kerze mit kleinem Körper. Falls sich die zweite Kerze hingegen als Doji ausbildet (Eröffnungskurs und Schlusskurs identisch), liegt ein sogenanntes Harami Cross vor, welches als noch stärkeres Umkehrmuster gilt, da die durch einen Doji signalisierte Unsicherheit größer ist als die eines Spinning Tops.

Inverted Hammer und Hanging Man
Beim Inverted Hammer handelt es sich um eine bullishe Umkehrkerze, die wie ein Shooting Star aussieht, jedoch anders als dieses nach einer Abwärtsbewegung auftritt. Sie hat einen kleinen Körper am unteren Ende der Kursspanne, keinen oder nur einen ganz kleinen unteren Schatten (Lunte) und verfügt über einen ausgeprägten oberen Schatten (Docht), der mindestens doppelt so lang sein sollte wie der Körper. Die Farbe des Körper spielt keine Rolle. Anders als die meisten Kerzensignale bedarf der Inverted Hammer einer Bestätigung, die entweder in einer höheren Eröffnung oder einem höheren Schlusskurs der nachfolgenden Kerze gesehen werden kann. Beim Hanging Man handelt es sich um eine bearishe Umkehrkerze, die wie ein bullisher »normaler« Hammer bzw. wie ein auf den Kopf gestellter Inverted Hammer aussieht, anders als diese aber nach einer Aufwärtsbewegung auftritt. Wie der Inverted Hammer bedarf der Hanging Man einer Bestätigung durch die nachfolgende Kerze in Gestalt einer Eröffnung unterhalb des Körpers oder eines Schlusskurses unterhalb des Körpers.

Morning Star und Evening Star
Der Morning Star (»Morgenstern«) stellt ein aus drei Kerzen bestehendes Bodenumkehrsignal dar. Nach einer Kerze mit langem schwarzen Körper bildet sich eine Star-Kerze aus. Dies ist ein Spinning Top mit der Besonderheit, dass der kleine Körper vom Körper der ersten Kerze durch eine Kurslücke getrennt ist. Die Lücke muss lediglich zwischen den Körpern bestehen – eine Überlappung der Schatten ist (im Unterschied zu den klassischen Kurslücken der Chartanalyse) unschädlich! Die dritte Kerze ist weiß und schließt tief innerhalb des Körpers der ersten Kerze. Bei einem idealtypischen Morning Star sollte zudem auch zwischen dem zweiten und dritten Kerzenkörper eine Kurslücke entstehen. Viele Trader verzichten jedoch auf diese Erfordernis, da die Erfahrung zeigt, dass das Muster auch ohne Lücke funktioniert. Der Evening Star (»Abendstern«) stellt das spiegelbildliche Pendant zum Morning Star im Aufwärtstrend dar.

Praktische Anwendung
Wie bei allen Methoden der Technischen Analyse sollten Anleger darauf achten, verschiedene Techniken zu kombinieren, um die Zuverlässigkeit der Signale zu erhöhen. So weisen Kerzenumkehrsignale, die im Bereich von Unterstützungen oder Widerständen auftreten, eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit auf. Zudem gilt wie immer, dass Signale in Richtung des übergeordneten Trends besser funktionieren als Signale, die komplett antizyklisch sind. Ist daher beispielweise der mittelfristige Trend aufwärts gerichtet, dann kann ein bullishes Umkehrsignal im Rahmen des kurzfristigen Abwärtstrends zum antizyklischen Aufbau einer Long-Position genutzt werden. Weist hingegen auch der mittelfristige Trend abwärts, dann besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass Kerzen-Kaufsignale nicht die erhoffte Wirkung entfalten.

Erhöhtes Volumen steigert die Validität von Kerzen-Signalen. Es empfiehlt sich daher, einen Blick auf das Volumen-Histogramm am unteren Rand des Charts zu werfen. Schließlich sei noch auf die Verwendung von Oszillatoren als Filter hingewiesen: Bullishe Umkehrsignale weisen eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit aus, wenn zugleich eine überverkaufte Marktsituation vorliegt. Bearishe Umkehrsignale funktionieren am besten bei einer überkauften Marktsituation. Eine solche Überverkauft-/Überkauft-Situation lässt sich beispielsweise mithilfe des Stochastik-Oszillators oder des RSI-Indikators ausfindig machen. Beide Indikatoren sind in jeder gängigen Chartsoftware enthalten. Mit den technischen Indikatoren werden wir uns in den kommenden Folgen eingehender befassen.

Grafik 1: Kerzenmuster