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Rollvorgang der Future-Kontrakte

In der vorherigen ideas-Ausgabe wurden Contango und Backwardation erläutert – die Marktsituationen, die bestimmte Preiskonstellationen für Terminkontrakte darstellen. Diese Konstellationen spielen auch beim Rollvorgang, der im weiteren Text detailliert beschrieben wird, eine wichtige Rolle.

Was ist überhaupt ein Rollvorgang und wozu wird er benötigt?
Diese Frage beschäftigt oft Anleger, die in Rohstoffzertifikate mit unbegrenzter Laufzeit investiert sind. Wie bereits in der vorherigen Ausgabe erwähnt, ist jeder Future-Kontrakt (unabhängig vom Basiswert) mit einer Laufzeit ausgestattet. Erwirbt ein Anleger beispielsweise einen Turbo-Call-Optionsschein auf Brent-Öl, würde die Emittentin als Absicherungsgeschäft eine entsprechende Anzahl von Brent-Future-Kontrakten an der Terminbörse kaufen (bzw. eine Long-Position im Future eingehen). Dabei erwirbt die Emittentin meistens den Future-Kontrakt mit der kürzesten Laufzeit (auch wenn das Zertifikat unendlich läuft), weil dieser am liquidesten ist. Die Liquidität an der Terminbörse wird am »open interest« – Anzahl der Kontrakte im Umlauf – gemessen. Vor der Fälligkeit des Futures muss er in einen Future mit längerer Laufzeit getauscht werden. Diesen »Future-Tausch« bezeichnet man als Rollvorgang (auch »Roll-Over-Termin« oder einfach »Rolle« genannt). Auch wenn Société Générale als Emittentin die Möglichkeit hat, 40 Tage vor der Fälligkeit (dem letzten Handelstag) der Future-Position diese zu rollen, so tut sie dies in der Regel in der Woche vor der Fälligkeit. Die Position wird grundsätzlich durch den nächstfälligen Future-Kontrakt ersetzt, es kann allerdings auch in einen Future-Kontrakt mit einer späteren Fälligkeit gerollt werden.

Hat die Emittentin eine Long-Position in dem Future-Kontrakt aufgebaut (weil Anleger Unlimited-Zertifikate oder Call Optionsscheine erworben haben), so wird diese beim Rollvorgang verkauft und die Position im neuen Kontrakt wird gekauft. Besitzt die Emittentin als Absicherung eine Short-Position in dem Future (wenn Anleger mehrheitlich Turbo-Put-Optionsscheine erwerben, oft der Fall beim Bund-Future), dann wird diese Position geschlossen und die Short-Position wird im neuen Kontrakt wieder aufgebaut. Würde die Emittentin ihre Position im Future nicht rollen, sondern bis zur Fälligkeit behalten, käme es je nach Spezifikation des Futures entweder zu einer physischen Lieferung oder zu einem Cash-Ausgleich. Beides ist nicht gewollt.

Hat ein Rollvorgang Nachteile für den Anleger?
Da der Future-Preis von Angebot und Nachfrage bestimmt wird, können Futures mit unterschiedlichen Laufzeiten – auf den gleichen Basiswert bezogen – unterschiedliche Preise haben, wie bereits in der vorherigen Ausgabe erörtert. Ist die Terminkurve in Contango – die längerlaufenden Futures notieren über den kürzerlaufenden –, so muss die Emittentin ihre Long-Position zu dem tieferen Preis verkaufen und zu einem höheren Preis die längerlaufenden Kontrakte kaufen. Befindet sich die Terminkurve in Backwardation – die kürzerlaufenden Futures notieren über den längerlaufenden –, so verkauft die Emittentin ihre Long-Position zu dem höheren Preis und kauft die längerlaufenden Kontrakte zu einem niedrigeren Preis. Entsteht daher in Abhängigkeit von der Terminkurve ein Nachteil bzw. Vorteil für den Anleger? Die Antwort lautet: nein. Der Rollvorgang verläuft wertneutral – sowohl für die Emittentin als auch für den Anleger. Wie die Anpassung funktioniert, wird im folgenden Beispiel gezeigt.

Beispiel*
Ein BEST Turbo-Optionsschein ohne Laufzeitbegrenzung auf den Brent Crude Oil Future wurde am 10. April 2025 begeben und bezog sich zunächst auf den Brent Crude Oil Juni 2025 Future. Am 25. April 2025 wurden Basiswert und Produkt erstmalig gerollt, sodass der Brent Crude Oil Juli Future der neue Basiswert wurde. Seither gab es bei diesem Zertifikat monatliche Rollvorgänge. In diesem Beispiel soll der Rollvorgang am 24. November 2025 betrachtet werden, bei dem der Basiswert des Brent Crude Oil Januar 2026 Future in den Brent Crude Oil Februar 2026 Future »gerollt« wurde. Der genannte Optionsschein ist nicht währungsgesichert und hat ein Bezugsverhältnis von eins zu eins, somit entspricht ein Optionsschein einem Barrel der Nordsee-Ölsorte Brent. Der Basispreis betrug vor dem Rollvorgang 40,0564 US-Dollar.

Vor dem Rollvorgang

  • Zugrunde liegender Future ist der Brent Crude Oil Future mit Fälligkeit Januar 2026, Future-Preis zum Zeitpunkt der Rolle: 62,90 USD je Barrel
  • Preis des BEST Turbo-Optionsscheins 19,83 EUR = (Preis des Futures – Basispreis) / aktueller EUR/USD-Kurs x Bezugsverhältnis = (62,90 USD – 40,0564 USD) / 1,152 x 1

Rollvorgang

Das Bezugsverhältnis des BEST Turbo-Optionsscheins bleibt unverändert bei 1. Es erfolgt ein Wechsel des Basiswerts des Brent Crude Oil-Future mit Fälligkeit Januar 2026 (62,90 USD je Barrel) in den Brent Crude Oil Future mit Fälligkeit Februar 2026 (62,30 USD je Barrel).

Nach dem Rollvorgang

  • Neuer zugrunde liegender Future ist der Brent Crude Oil Future mit Fälligkeit Februar 2026, Future-Preis: 62,30 USD je Barrel
  • Neuer Basispreis = alter Basispreis + (Preis neuer Future – Preis alter Future) = 40,0564 USD + (62,30 USD – 62,90 USD) = 39,4564 USD
  • Preis des BEST Turbo-Optionsscheins 19,83 EUR = (Preis des Futures – Basispreis) / aktueller EUR/USD-Kurs x Bezugsverhältnis = (62,30 USD – 39,4564 USD) / 1,152 x 1

Durch den Rollvorgang beträgt der Basispreis 39,4564 USD. Dieser ergibt sich aus dem alten Basispreis und der Differenz zwischen dem Future mit Fälligkeit Januar 2026 und dem Future mit Fälligkeit Februar 2026. Da sich die Terminkurve in Backwardation befand, ergibt sich eine negative Differenz und der Basispreis wurde nach unten angepasst. Wichtig bei allen Rollen: Der Preis des Optionsscheins bleibt immer unverändert, sodass für den Anleger weder ein Nachteil noch ein Vorteil entsteht. Würde sich die Terminkurve im Contango befinden, wäre der Basispreis nach oben angepasst worden.

Bei allen von Société Générale emittierten BEST und Unlimited Turbo-Optionsscheinen auf Rohstoffe werden ausschließlich der Basispreis und die Knock-Out-Barriere angepasst. Société Générale-Produkte mit dem Future als Basiswert und einer festen Laufzeit (Plain Turbo-Optionsscheine, Optionsscheine, Discount- und Bonus-Zertifikate) werden immer auf einen bestimmten Future emittiert, sodass dabei kein Rollvorgang vorgenommen wird.

*Zur Vereinfachung der Darstellung bleiben Finanzierungskosten und Aufgeld in diesem Beispiel unberücksichtigt.