Wissen

Wozu braucht man eigentlich Zertifikate?

Wer noch in den Achtzigerjahren als Privatanleger unkompliziert sein Depot absichern oder von seitwärts laufenden oder fallenden Märkten profitieren wollte, der hatte leider Pech. Teilhaben an der Wertentwicklung des DAX, ohne dessen Einzelwerte kaufen zu müssen? Auf einfachem Weg in Gold, Silber oder Öl investieren? Kostengünstig von der Entwicklung ausländischer Märkte profitieren? Fehlanzeige. Das war nur etwas für Profianleger. Doch dann wurden im Jahr 1990 die ersten Zertifikate entwickelt. Sie revolutionierten die Anlagemöglichkeiten für private Anleger.

Gute Gründe für Zertifikate

Renditechancen in jeder Marktsituation
Mit einer Investition in Anlagezertifikate oder Hebelprodukte kann ein Anleger sowohl an steigenden als auch an fallenden Kursen des Basiswerts gewinnbringend teilhaben. Auch bei seitwärts verlaufenden Kursen sind positive Renditen möglich. Der Anleger kann somit in jeder Marktphase attraktive Renditen erzielen.

Große Auswahl an Basiswerten und Anlageklassen
Bei Zertifikaten hat der Privatanleger die Möglichkeit, aus einer Vielzahl verschiedener Basiswerte auszuwählen und mit nur einem strukturierten Wertpapier in eine Branche oder Wirtschaftsregion zu investieren. Das war bis vor wenigen Jahren ausschließlich institutionellen Anlegern vorbehalten.

Passende Produkte für jede Risikoneigung
Zertifikate kommen für Anleger jeder Risikoneigung in Frage. So stellen Kapitalschutz-Zertifikate oder Strukturierte Anleihen mit hundertprozentigem Kapitalschutz eine eher konservative Anlageform dar. Bei Hebelprodukten stehen den ausgesprochen hohen Gewinnchancen auch ausgesprochen hohe Risiken gegenüber. Damit sind sie nur für sehr risikobereite Anleger geeignet. Grundsätzlich gilt: je größer die Chance, desto größer auch das Risiko. So bieten sich für risikoaverse Anleger Lösungen mit Kapitalschutz an, während stark renditeorientierte Anleger in Produkte mit Hebeleffekt investieren können.

Kostengünstige Risikoabsicherung
Theoretisch könnte ein Privatanleger selbst an den Terminbörsen handeln und beispielsweise seine Aktie mit Optionskomponenten absichern. Das ist aber äußerst schwierig und wenig ratsam, da dies mit sehr hohen Kosten verbunden ist und da Privatanleger nicht ohne Weiteres Zugang zu den Terminbörsen erhalten. Der Emittent hingegen bietet mit dem Zertifikat ein einziges und kostengünstiges Produkt. Zudem gibt es bei Zertifikaten nie eine Nachschusspflicht, was mögliche Verluste begrenzt.

Hohes Maß an Transparenz
In der Wissenschaft unterscheidet man bei Finanzprodukten sechs Formen von Transparenz, und der Anleger muss dabei eindeutige Antworten auf folgende Fragen erhalten: Welcher Basiswert liegt dem Produkt zugrunde? Welche Bedingungen sind an die Rendite geknüpft? Werden Risiken klar benannt und gibt es dafür Kennzahlen? Welche Kosten entstehen? Kann ein Anleger das Produkt jederzeit problemlos wieder verkaufen? Ist dabei stets der aktuelle Wert der Anlage bekannt? All diese Fragen lassen sich bei Zertifikaten problemlos beantworten. Zertifikate sind damit transparenter als viele andere etablierte Finanzprodukte. Mehr hierzu lesen Sie in ideas 127 vom November 2012 im Artikel »Sind Zertifikate intransparent?«.

Günstige Preise durch harten Wettbewerb
Der scharfe Wettbewerb der Zertifikate-Emittenten hat zum Beispiel bei Index-Zertifikaten dazu geführt, dass sie in der Regel gebührenfrei sind und teilweise nicht einmal mehr eine Differenz zwischen den Kauf- und Verkaufskursen aufweisen. Auch auf die Konditionen aller anderen Produktkategorien wirkt sich der scharfe Wettbewerb zwischen den Emittenten positiv für den Anleger aus.

Fortlaufende Handelbarkeit
Zertifikate sind sowohl börslich als auch außerbörslich handelbar. Die An- und Verkaufspreise von Zertifikaten werden von den Börsen in Stuttgart und Frankfurt im Sekundentakt aktualisiert und veröffentlicht. Auch im außerbörslichen Handel stellen die Emittenten für alle Produkte fortlaufend Kauf- und Verkaufskurse, zu denen ein Handel jederzeit möglich ist. Dem Anleger ist somit auch der Wert seines Zertifikats zu den Börsen-Handelszeiten jederzeit bekannt.

Umfassendes Informationsangebot
Vor einer möglichen Anlage in Zertifikate sollten sich Anleger zunächst über die entsprechenden Produkte informieren. Dazu stellen die Emittenten ausführliches Informationsmaterial bereit. Darüber hinaus veröffentlicht der DDV allgemeine Informationen rund um das Thema Zertifikate und Optionsscheine unter www.derivateverband.de.

Sehr wichtig sind dabei die Informationen zum Bonitäts- und Marktrisiko. Wie alle Inhaberschuldverschreibungen unterliegen Zertifikate einem Bonitätsrisiko. Der DDV veröffentlicht auf seiner Webseite die Credit Ratings und Credit Spreads der wichtigsten Emittenten und hilft so dem Anleger, ihre Kreditwürdigkeit zu beurteilen.

Auch das jeweilige Marktrisiko kann der Anleger leicht einschätzen. Der DDV-Risikomonitor unter ddv-risikomonitor.de stuft nahezu alle Anlagezertifikate und Hebelprodukte in eine von fünf Risikoklassen ein, die von sicherheitsorientiert bis spekulativ reichen.

...und was ist eigentlich ein Zertifikat?

Eines haben alle Zertifikate gemeinsam: Zertifikate sind derivative Wertpapiere für Privatanleger und gehören zur Gruppe der sogenannten »strukturierten Produkte«. Sie werden als strukturiert bezeichnet, weil sie in der Regel aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt sind. Da Zertifikate im Gegensatz zu sonstigen Derivaten als Wertpapiere verbrieft sind, werden sie auch »verbriefte Derivate« genannt. Der Begriff »Derivat« stammt von der lateinischen Bezeichnung »derivare« und bedeutet »ableiten«. Derivate sind demnach Finanzprodukte, deren Kursentwicklung sich von der Wertentwicklung eines anderen Produkts, des sogenannten »Basiswerts«, ableitet. Zertifikate richten sich ausschließlich an Privatanleger, während Derivate wie Optionen, Futures und Swaps in aller Regel nur von institutionellen Investoren gehandelt werden. Es gibt zwei große Gruppen von Zertifikaten: die eher mittel- bis langfristig ausgerichteten Anlageprodukte und die risikoreicheren Hebelprodukte mit einem eher kurzfristigen Anlagehorizont.

Bestandteile von Zertifikaten

Zertifikate beziehen sich immer auf einen Basiswert. Das kann beispielsweise die Aktie eines Unternehmens sein, ein Index wie etwa der DAX, ein Edelmetall wie Gold oder auch ein Rohstoff wie Öl. Von der Kursentwicklung des Basiswerts hängt die Wertentwicklung des jeweiligen Zertifikats ab. Damit sind sie sogenannte »passive« Finanzprodukte, da anders als bei Fonds kein Manager die Wertentwicklung aktiv beeinflusst. Und somit gibt es bei Zertifikaten auch keine Managementgebühren. Zertifikate beinhalten – wie übrigens auch Bausparverträge – stets eine oder mehrere Optionskomponenten. Sie bestimmen, welche Ausstattungsmerkmale ein Zertifikat hat. Dazu gehört, wie risikoreich ein Zertifikat ist und ob der Anleger mit dem Zertifikat auf steigende, fallende oder seitwärts laufende Kurse des Basiswerts setzt.

Wie funktioniert beispielsweise ein Index-Zertifikat?

Mit einem Index-/Partizipations-Zertifikat nehmen Anleger eins zu eins an der Wertentwicklung eines Basiswerts teil. Steigt der Basiswert, steigt in gleichem Maße auch das Zertifikat. Fällt der Basiswert, fällt in gleichem Maße auch das Zertifikat. Dabei ist ein Investment in Standard-Indizes wie den DAX ebenso möglich wie eine Investition in einen Index, der die führenden chinesischen Solarunternehmen abbildet.

Grafik 1: Auszahlungsprofil eines Index-Zertifikats