Interview
AUFNAHME in die Extel »Hall of Fame« – Interview mit Achim Matzke, Chef-Stratege der Matzke-Research GmbH
ideas: Herr Matzke, Sie wurden in die Extel »Hall of Fame für Developed Europe« aufgenommen – eine der höchsten Ehrungen für Kapitalmarktanalysten überhaupt. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung persönlich?
Achim Matzke: Es ist eine bemerkenswerte Auszeichnung für mich und mein bisheriges berufliches Lebenswerk, zumal in Europa erst 38 Personen in diese Hall of Fame aufgenommen wurden. Besonders wertvoll finde ich, dass es ein Ergebnis der jährlichen Befragungen durch Institutional Investor und den Extel Survey unter (weltweiten) Finanzmarktteilnehmern über die Research-Qualität ist. Wenn ein Analyst in den Umfragen im Bereich der individuellen Research-Kategorien seit 1990 mindestens zehnmal an die Position 1 gewählt wurde, wird er oder sie in diese Hall of Fame aufgenommen. Ich bin stolz darauf, dass ich das als jahrelanger Mitarbeiter der Commerzbank, die meiner Meinung nach im angelsächsisch geprägten Investmentbanking insgesamt kein Global Player war oder ist, sowie vom Standort Frankfurt am Main aus erreicht habe.
Wenn Sie auf Ihre berufliche Reise bisher zurückblicken: Welche Stationen oder Entscheidungen waren für Sie besonders prägend?
Meine Ausbildung an der Universität in Bonn mit dem Abschluss Diplom-Mathematiker und die dortigen weiterführenden Spezialisierungen rund um die Betriebswirtschaftslehre sowie die Kapitalmärkte im Allgemeinen und die Aktien- und Derivate-Börsen im Speziellen haben den Grundstein für mein berufliches und privates Interesse an diesen Bereichen gelegt. Hierbei ist hervorzuheben, dass mir die Commerzbank die Möglichkeit gegeben hat, eine berufliche Position auszuüben, die viel Gestaltungsspielraum geboten hat. Zusammen mit meinem Analyseteam (Mitarbeiter in Frankfurt und London) haben wir diesen Spielraum nutzen können, wobei die Aufnahme in die Hall of Fame ein ganz besonderes Ergebnis ist.
Gab es einen Moment, an dem Sie wussten, dass Sie sich vorrangig der Technischen Analyse widmen wollen?
Schon an der Universität war mir im Vergleich zu anderen Analysemethoden und -techniken aufgefallen, dass die Technische Analyse eine regelbasierte Analysetechnik ist und es sich um eine Primär-Analysetechnik handelt. Hierbei besteht die Möglichkeit, die Analyse vollumfänglich selbst zu erarbeiten, man ist nicht in ein übergeordnetes, kostenintensives System (mit vielen Vorgaben) eingebunden. Nichts ist perfekt, aber die Technische Analyse mit all ihren Analyse-Tools kann eine (Markt-)Orientierung sowohl für ganz kurzfristige Zeiträume (Intraday-Handel) als auch sehr langfristige Trends bieten. Bemerkenswert finde ich zusätzlich, dass die Technische Analyse immer eine »Handlungsempfehlung« für das Agieren an den Märkten bietet. Das gilt nicht nur für »Schönwetterperioden«, sondern auch für herausfordernde, schwankungsintensive Marktphasen.
Wie hat sich die Technische Analyse in den vergangenen Jahrzehnten verändert – und was bleibt aus Ihrer Sicht zeitlos?
Durch die moderne Technik und die Automatisierungsmöglichkeiten lassen sich die Charts und damit die Anwendung der Technischen Analyse zu jeder Zeit sozusagen auf jeden Bildschirm bringen.
Welche Methoden oder Indikatoren sind für Sie bis heute unverzichtbar?
Ich bevorzuge neu auftretende Kauf- oder Verkaufssignale, intakte Aufwärts- und Abwärtstrends, relative Stärke oder Schwäche des Analyseobjekts gegenüber einem Vergleichsindex und ein kontinuierliches Risikomanagement der Position zum Beispiel durch einen oder mehrere Sicherungsstopps. Immer Vorsicht ist bei mittelfristig stark überkauften oder überverkauften Situationen an den Märkten bzw. in Einzelprodukten geboten. Ich bin der Meinung, man sollte nicht versuchen, zu hohe Risiken einzugehen. An den Märkten gibt es jeden Tag neue Chancen.
Aus welchem Fehler haben Sie am meisten gelernt?
Aus den Fehltrades. Ein realisierter Verlust schmerzt natürlich und sollte dazu anregen, es beim nächsten Mal besser zu machen.
Wie sehen Sie die Rolle der Technischen Analyse in einer Welt voller KI und automatisierter Systeme – gerade für private und institutionelle Anleger?
Schaut man viele Jahre zurück, so sind immer wieder neue Techniken und Handelsstrategien aufgekommen, die die »Lizenz zum Gelddrucken« versprochen haben und bei denen es danach doch eher ruhig geworden ist. Es bleibt jedem Marktteilnehmer selbst überlassen, ob er eher die Entscheidung über das Agieren an den Finanzmärkten selbst treffen will oder dies einem System oder einer Vorgehensweise überlässt. Das gilt auch für KI und automatisierte Systeme. Sollten hier (hohe) Erwartungen nicht erfüllt werden, wird die Karawane auch schnell weiterziehen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Anja Schneider.

