Interview
Finanzen dürfen unterhaltsam sein – Interview mit Stephan Müller, (F)Influencer auf Instagram und Twitter
ideas: Herr Müller, Ihren über 120.000 Followern auf Instagram sind Sie unter dem Namen @techaktien bekannt. Können Sie uns kurz erzählen, wie die Idee entstanden ist, auf Instagram als (F)Influencer durchzustarten?
Stephan Müller: 2019 sah ich mir diverse Insta-Profile an und war mit den Inhalten oft nicht einverstanden. Anstatt mit den Autoren zu diskutieren und sinnlos zu streiten, habe ich beschlossen, es einfach selbst zu machen. Es begann als Hobby im Mai 2019 und wurde zum Gewerbe im Jahr 2020. Damals hatte ich ca. 6.000 Abonnenten. 2021 waren es 43.000 und nun weit mehr als 100.000. Seit 2022 poste ich zusätzlich auf Twitter (@Techaktien1).
Schreiben Sie einen Teil Ihres Erfolgs auch der Coronapandemie zu, während der vor allem viele jüngere Menschen den Weg an die Börse gefunden haben?
Ja. Ab Februar und März 2020 kamen viele neue, auch teils sehr junge Anleger dazu. Viele haben verstanden, dass Aktien nun günstig »im Sale« sind und wollten erstmalig zugreifen und kaufen. Das Deutsche Aktieninstitut hat diese Entwicklung auch in seiner jährlichen Studie bestätigt.
Nach Jahren des Aufwärtstrends geht es bei den Tech-Aktien – dem Namensgeber Ihres Kanals – nach unten. Wie gehen Sie damit in Ihrer Kommunikation um?
Ich habe viele Blue Chips, die ich bedenkenlos halte und gegebenenfalls nachkaufe. Ich versuche daher, eine Ruhe zu vermitteln, und betone oft, dass man in einigen Marktphasen Geduld braucht. Viele Anleger haben sowieso Sparpläne und nutzen den bekannten Cost-Average-Effect so aus.
Charakteristisch für @techaktien ist, dass die meisten Themen auf eine humoristische, fast schon satirische Art – oft auch durch den Einsatz von Memes – dargestellt werden. Ein Spagat, wenn man bedenkt, dass Geldanlage eigentlich ein ernstes Thema ist. Inwiefern sehen Sie hier auch eine Verantwortung bei sich, die nötige Balance zu finden?
Es gibt eine sehr große Anzahl an seriösen Finanz- und Wirtschafts-Newsseiten von CNBC, über WirtschaftsWoche, Handelsblatt, finanzen.net wie auch bankeneigene Publikationen wie bei Société Générale. Diese dürfen sich Polemik, Satire, Humor oder politisch subjektive Meinungen zu Finanz-, Wirtschafts- oder Steuerpolitik nur eingeschränkt leisten. Ich kann und darf das aber. Man sollte nicht langweilig sein, wenn man Social Media macht. Finanzen dürfen unterhaltsam sein. Wenn ich eigene Wertpapierkäufe teile und erläutere, weise ich stets auch auf die Risiken dieses Investments hin und versuche, niemanden zu überzeugen.
Neben Tech-Aktien besprechen Sie auch aktuelle Themen aus der Finanzwelt oder klassische Dividenden-Aktien. Wie wählen Sie diese aus und wo informieren Sie sich selbst?
Ich nutze sehr viele Quellen. Ich habe eine große Anzahl von YouTube-Kanälen zu den Themen abonniert und schaue eigentlich fast kein anderes Medium. Netflix & Co. sowie TV langweilen mich. Ich lese weiterhin Capital Magazin, F.A.Z., Welt, CNBC, Seeking Alpha und höre noch einige Finanz-Podcasts. Wenn ich ein Thema interessant finde, recherchiere ich und verarbeite das Wichtigste zu einem Beitrag. Das kann auch die Analyse von Wahlprogrammen zur Bundestagswahl nach finanziellen Aspekten sein. Das hat komischerweise niemand anderes (auch nicht in den traditionellen Medien) gemacht. Ich schon.
Erlauben Sie uns zum Abschluss noch einen Blick in Ihr eigenes Depot. Was ist hier mehr vertreten, Value oder Growth?
Ich würde sagen, dass Growth überwiegt. Meine größte Position ist auch gleichzeitig meine erste Aktie, die ich 2011 gekauft habe: AMD. Zurzeit im Plus mit 4.794 Prozent. War aber bereits bei über 7.000 Prozent im November vergangenen Jahres.
Weitere Tech-Aktien sind: Intel, Micron Technology, NVIDIA, Alphabet, ASML, Palantir und Infineon. Meine einzige Aktie nicht aus dem Tech-Sektor ist Porsche.
ETFs: STOXX Europe Banks, S&P 500 Banks und ein Tourismus-ETF. Dazu noch Bitcoin, Ethereum, einige weitere Kryptos sowie ein physischer Silberbarren nur zum Spaß.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Anja Schneider.