Märkte
Erdgas in der EU – Ist Erdgas ein Druckmittel Russlands gegenüber dem Westen?
Die Erdgaslager in der EU sind für diese Jahreszeit auf einem niedrigen Stand; Europa ist daher auf kontinuierliche Gasimporte angewiesen. Dies gibt Russland ein Druckmittel in die Hand, um den Westen zu politischen Konzessionen zu bewegen. Wir präsentieren einige Eckdaten zum Erdgasbedarf der EU und den Lieferanten. Danach erscheint ein rascher Ersatz russischer Lieferungen schwer möglich.
Beim Ukraine-Konflikt ist keine Entspannung in Sicht. Russland hat immer mehr Truppen an die Grenzen der Ukraine verlegt. Gleichzeitig bereitet der Westen Sanktionen gegen Russland vor. Zwar finden weiterhin Gespräche statt, um den Konflikt diplomatisch zu lösen. Bisher haben sie aber noch keine Ergebnisse gebracht, sodass unvermindert eine Eskalation droht. Wie drastisch können die Sanktionen ausfallen, ohne die Versorgung der EU mit russischem Erdgas zu gefährden?
Erdgasnachfrage in der EU …
Der Füllstand der Erdgaslager in der EU ist momentan niedrig und liegt noch etwas unter den in den vergangenen Jahren zu beobachtenden Werten (siehe Grafik 1). Am Ende des Winters, Ende März, droht der Füllstand auf ein neues Rekordtief zu fallen, die Lagerbestände werden also weiter deutlich sinken.
Die EU verbraucht im Jahr etwa 400 Milliarden Kubikmeter Erdgas (23 Prozent des Primärenergiebedarfs). Da Erdgas neben den industriellen Anwendungen und zur Stromerzeugung vor allem zum Heizen dient, hat der Verbrauch ein klares saisonales Muster, mit Spitzenwerten – wenig überraschend – im ersten Quartal.
… wird vor allem durch Importe gedeckt
Die heimische Erdgasförderung in der EU belief sich 2020 auf 54 Milliarden Kubikmeter. Der Löwenanteil des Bedarfs wurde daher durch Importe gedeckt. Sie beliefen sich 2020 auf 326 Milliarden Kubikmeter. Der wichtigste Lieferant war mit einem Anteil von 48 Prozent Russland, gefolgt von Norwegen mit 24 Prozent und Algerien (12 Prozent). Die Importe werden in den nächsten Jahren noch zunehmen. Denn die Förderung von Erdgas in der EU ist deutlich rückläufig. Das wichtigste Erdgasfeld im niederländischen Groningen soll bald aufgrund von Umweltbedenken seinen Betrieb sogar einstellen.
Verflüssigtes Erdgas (LNG) kann russische Lieferungen nicht ersetzen Im ersten Halbjahr 2021 entfiel ein knappes Viertel der Erdgasimporte auf verflüssigtes Erdgas (LNG), das mit Tankschiffen (siehe Kasten) transportiert wird. Insgesamt gibt es in der EU 25 LNG-Importterminals (dort wird das LNG angelandet, wieder in gasförmigen Zustand transformiert und in das Gas-Rohrleitungssystem eingespeist). Diese Terminals haben zusammen eine Kapazität von 215 Milliarden Kubikmeter pro Jahr, könnten theoretisch also die Hälfte des europäischen Erdgasbedarfs abdecken. Diese Terminals sind aber im Jahresdurchschnitt nicht einmal zur Hälfte ausgelastet.
Verstärkte LNG-Importe könnten etwaige Ausfälle russischer Lieferungen nicht kompensieren:
- Russland stellt zurzeit neben dem Gros der Pipelineimporte rund ein Fünftel der LNG-Importe der EU (2020: 17 Milliarden Kubikmeter). Diese müssten bei einem vollständigen Lieferembargo ebenfalls kompensiert werden.
- An erster Stelle werden oft die USA als möglicher Lieferant genannt, die ihre LNG-Exporte in den vergangenen Jahren massiv erhöht haben (siehe Grafik 2). Die USA haben zurzeit eine Exportkapazität von 120 Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Für Ende 2022 ist eine Ausweitung der Kapazitäten auf 145 Milliarden Kubikmeter pro Jahr geplant.
- Da die LNG-Exportterminals der USA üblicherweise komplett ausgelastet sind (siehe Grafik 2), würden größere zusätzliche Lieferungen in die EU voraussetzen, andere Abnehmer zu verdrängen. Dies wiederum ginge nur durch deutliche Preisaufschläge.
- Selbst wenn man alle logistischen Aspekte außer Acht lässt (so verfügt Deutschland, der wichtigste Abnehmer russischen Erdgases, über keinen eigenen LNG-Importterminal), würden selbst die vollen US-Kapazitäten nicht ausreichen, um die russischen Lieferungen vollständig zu ersetzen.
- Dazu müssten noch andere führende LNG-Anbieter ihre Tanker umleiten; dazu zählt der ehemals größte LNG-Exporteur Katar, der 2020 mit 18 Milliarden Kubikmetern pro Jahr immerhin der zweitwichtigste Lieferant in der EU war bzw. das nach Russland auf Platz 4 folgende Nigeria, das 14 Prozent der LNG-Importe in die EU verantwortet.
Ein dauerhafter Ersatz der russischen Lieferungen durch LNG-Importe ist somit auf absehbare Zeit nicht realistisch. Allerdings ist auch kaum zu erwarten, dass die russischen Lieferungen für einen längeren Zeitraum ausfallen. Schließlich ist Russland auf die Einnahmen angewiesen und wird Ausfälle kaum vollständig und rasch durch verstärkte Exporte etwa nach China ausgleichen können; dagegen spricht trotz eines starken Ausbaus der Pipelines in Richtung China die bisher stark auf die »westlichen« Märkte ausgerichtete Pipelineinfrastruktur. Zudem würden die Chinesen die Zwangslage der Russen ausnutzen und deutliche Preisnachlässe durchsetzen.
Dagegen ist denkbar, mit verstärkten LNG-Lieferungen zumindest einige Belastungsspitzen abzufedern, was bei »kleineren« Krisen durchaus hilfreich ist. Dies geschieht im Übrigen dank der sehr preisreagiblen LNG-Exporte automatisch: Ein Engpass in Europa würde die Preise so weit nach oben treiben, dass es für die Exporteure lukrativer ist, LNG in die EU anstatt nach Asien zu liefern. Dies ließ sich in den vergangenen Monaten beobachten (siehe Grafik 3).
LNG ist aufgrund der Tatsache, dass es nicht auf eine bestehende Pipelineinfrastruktur angewiesen und weniger durch langfristige Lieferverpflichtungen geprägt ist als Pipelineerdgas, deutlich flexibler. Während manche LNG-Anbieter wie beispielsweise Australien dennoch feste Lieferbindungen haben, setzen vor allem die USA auf flexible Verträge. Klar ist aber, dass diese Flexibilität ihre Grenzen in den bestehenden Kapazitäten hat.
Produktidee: Zertifikate und Optionsscheine auf Natural Gas
Sie möchten von der künftigen Wertentwicklung von Erdgas profitieren? Mit Zertifikaten und Optionsscheinen von Société Générale haben Sie die Möglichkeit, an steigenden oder fallenden Notierungen zu partizipieren. Ein Überblick über das gesamte Produktspektrum steht Ihnen im Internet unter www.sg-zertifikate.de zur Verfügung.
Aber Achtung: Da die von Société Générale angebotenen Produkte in Euro notieren, der Handelspreis von Natural Gas allerdings in US-Dollar, besteht für den Investor ein Währungsrisiko, wenn der Euro/US-Dollar-Wechselkurs steigen sollte.
Partizipations-Zertifikat
WKN |
Basiswert |
Quanto |
Laufzeit |
Geld-/Briefkurs |
---|---|---|---|---|
Natural Gas Future |
Nein |
Unbegrenzt |
4,95/4,97 EUR |
Unlimited Turbo-Optionsscheine
WKN |
Basiswert |
Typ |
Basispreis/Knock-Out-Barriere |
Hebel |
Quanto |
Laufzeit |
Geld-/Briefkurs |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Natural Gas Future |
Call |
3,5299/3,7530 USD |
5,0 |
Nein |
Unbegrenzt |
0,76/0,77 EUR |
|
Natural Gas Future |
Call |
3,9624/4,2020 USD |
9,6 |
Nein |
Unbegrenzt |
0,43/0,44 EUR |
|
Natural Gas Future |
Put |
5,2488/4,9320 USD |
4,9 |
Nein |
Unbegrenzt |
0,78/0,79 EUR |
|
Natural Gas Future |
Put |
5,0392/4,7320 USD |
6,3 |
Nein |
Unbegrenzt |
0,58/0,59 EUR |
Faktor-Optionsscheine
Stand: 18. Februar 2022; Quelle: Société Générale
Die Darstellung der genannten Produkte erfolgt lediglich in Kurzform. Die maßgeblichen Produktinformationen stehen im Internet unter www.sg-zertifikate.de zur Verfügung. Den Basisprospekt sowie die endgültigen Bedingungen und die Basisinformationsblätter erhalten Sie bei Klick auf die WKN.
Sie sind im Begriff, ein komplexes Produkt zu erwerben, das nicht einfach ist und schwer zu verstehen sein kann. Bitte beachten Sie, dass bestimmte Produkte nur für kurzfristige Anlagezeiträume geeignet sind. Wir empfehlen Interessenten und potenziellen Anlegern, den Basisprospekt und die Endgültigen Bedingungen zu lesen, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen, um sich möglichst umfassend über die potenziellen Risiken und Chancen des Wertpapiers zu informieren, insbesondere, um die potenziellen Risiken und Chancen der Entscheidung, in die Wertpapiere zu investieren, vollends zu verstehen. Die Billigung des Basisprospekts durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ist nicht als ihre Befürwortung der angebotenen Wertpapiere zu verstehen.