Technische Analyse

Grundannahmen der Technischen Analyse – Teil 2: Charttypen

Alles eine Frage der Perspektive
Hinsichtlich der Art und Weise, Charts von Kursverläufen abzubilden, verfügen Technische Analysten und Anleger über ein großes Arsenal an Möglichkeiten. Zu den bekanntesten Charttypen zählen Linienchart, Balkenchart, Kerzenchart, Point & Figure-Chart, Renko-Chart, Three Line Break-Chart, Kagi-Chart und Heikin Ashi-Chart. Nachfolgend soll ein Überblick über die drei wichtigsten und meistverwendeten Darstellungsformen gegeben werden.

Grafik 1: Barchart

Linienchart, Balkenchart und Kerzenchart
Der Linienchart stellt die einfachste Methode der Kursdarstellung dar. Hier wird einfach der Schlusskurs einer festgelegten Zeitperiode mit dem jeweiligen Schlusskurs der vorausgegangenen Periode verbunden. Bei einem Tageschart werden entsprechend die Tagesschlusskurse durch eine Linie verbunden, bei einem Wochenchart die Wochenschlusskurse und so weiter. Der Vorteil dieser Darstellungsart liegt in seiner Einfachheit. Zudem gilt der Schlusskurs einer Zeitperiode als der analytisch wichtigste Kurs. Was von den einen als Vorteil gesehen wird, erachten jedoch andere als Nachteil. So entwickelten sich die beiden heute am weitesten verbreiteten Charttypen Balkenchart (Barchart) und Kerzenchart (Candlestickchart). Beide Charttypen geben die gleiche Information wieder. Diese vier Informationen sind Eröffnungskurs (open), Höchstkurs (high), Tiefstkurs (low) und Schlusskurs (close) der jeweils betrachteten Zeitperiode. Mithilfe dieser vier Informationen ergibt sich ein wesentlich detailreicheres Abbild des Handelsgeschehens und damit auch der Marktpsychologie innerhalb der jeweiligen Zeitperiode. Der Unterschied zwischen den beiden Charttypen liegt ausschließlich in der optischen Aufbereitung der vier Kursdaten. Beim Balkenchart wird zunächst ein vertikaler Strich (= Balken) vom Hoch zum Tief gezeichnet, sodass hierdurch die komplette Handelsspanne definiert wird. An der Stelle des Schlusskurses wird auf der rechten Seite des Balkens ein horizontaler Strich platziert. Den Eröffnungskurs kennzeichnet ein horizontaler Strich auf der linken Seite des Balkens. Der in Japan bereits vor Jahrhunderten entwickelte Kerzenchart wird durch einen Kerzenköper, der zwischen Eröffnungskurs und Schlusskurs gezeichnet wird, sowie durch einen oberen und unteren Schatten (Docht und Lunte), der den Rest der Handelsspanne abdeckt, konstruiert. Liegt der Schlusskurs über dem Eröffnungskurs, wird der Kerzenkörper in der Regel weiß oder grün dargestellt, liegt der Schlusskurs unterhalb des Eröffnungskurses, ist der Körper in der Regel schwarz oder rot. Mehr und mehr Analysten geben den Kerzencharts den Vorzug, da diese eine schnellere und klarere optische Erfassung der genannten vier Kursdaten ermöglichen. Zudem wurde eine Vielzahl von Kerzenmustern identifiziert und kategorisiert, die einen eigenen analytischen Aussagegehalt besitzen und damit zur Signalgenerierung (Umkehr- und Fortsetzungssignale) genutzt werden können.

Grafik 2: Candlestickchart

Arithmetisch oder logarithmisch
Bei der Skalierung der Charts hat der Anleger bei den meisten Chartanalysesoftware-Programmen die Wahl zwischen einer arithmetischen und einer (halb-)logarithmischen Kursdarstellung. Bei der Verwendung einer arithmetischen Kursskalierung weist die vertikale Kursskala für gleiche Kurseinheiten immer gleiche Abstände auf. So bedeutet beispielsweise ein Kursanstieg von 10 auf 20 vom Ausmaß der Bewegung im Chart her das Gleiche wie ein Anstieg von 90 auf 100, auch wenn dies im ersteren Fall eine Kursverdoppelung ist und im letzteren Fall nur ein Plus von rund 11 Prozent ausmacht. Bei einer logarithmischen Skalierung zeigen die Kurse hingegen gleiche vertikale Abstände für gleiche prozentuale Veränderungen. Entsprechend würde eine Preisveränderung von beispielsweise 10 auf 20 auf demselben Chart das gleiche Ausmaß annehmen wie der nachfolgende Anstieg von 20 auf 40 und von 40 auf 80.

Grafik 3: Kursskala

Die meisten Technischen Analysten verwenden standardmäßig eine arithmetische Darstellung. Da logarithmische Charts bei langfristigen Betrachtungen eine adäquatere Wiedergabe der Bedeutung einer Kursbewegung ermöglichen, haben sich zwei Daumenregeln entwickelt, wann logarithmische Charts zu bevorzugen sind. Zum einen grundsätzlich dann, wenn ein Zeitraum von mehreren Jahren analysiert wird, und zum anderen dann, wenn im betrachteten Chartausschnitt eine Kursschwankung von mehr als 20 Prozent auftritt. Praktische Auswirkungen hat die Auswahl der Skalierung vor allem auf die Lage von eingezeichneten Trendlinien.