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Unterstützung und Widerstand

Neben dem Trendkonzept ist das Konzept von Unterstützung und Widerstand in der Technischen Analyse von überragender Bedeutung. Die Bestimmung des Trends arbeitet aus technischer Sicht den Weg des geringsten Widerstands in den verschiedenen Zeitfenstern heraus. Unterstützung und Widerstand dienen hingegen der Definition, wo sich im Rahmen des etablierten Trends sinnvolle Kursbereiche für Käufe und Verkäufe befinden. Eine Vielzahl von Techniken und Werkzeugen wurde im Laufe der Zeit entwickelt, mit denen sich entsprechende Zonen ermitteln lassen. Einige davon sollen in den folgenden Artikeln näher beleuchtet werden. In dieser Folge wird auf das Grundkonzept, die wichtigste Art von Unterstützung und Widerstand sowie auf Gemeinsamkeiten in der praktischen Anwendung eingegangen.

Definitionen


Als Unterstützung sehen Technische Analysten ein Kursniveau unterhalb des aktuellen Niveaus an, wo das Kaufinteresse der Marktakteure stark genug ist, um das Verkaufsinteresse zu übersteigen. Die Folge ist, dass der Kursverfall gestoppt wird und die Notierung wieder anfängt zu steigen. Der Widerstand ist das genaue Gegenteil der Unterstützung. Entsprechend ist der Widerstand ein Kursniveau oberhalb des aktuellen Niveaus, wo das Verkaufsinteresse stark genug ist, um das Kaufinteresse zu übersteigen. Man könnte auch formulieren: Bei der Unterstützung dominiert die Nachfrageseite bzw. der Kaufdruck, beim Widerstand die Angebotsseite bzw. der Verkaufsdruck. Solange die Kurse nicht tatsächlich anfangen, sich von der Unterstützung bzw. dem Widerstand wegzubewegen, handelt es sich streng genommen lediglich um eine potenzielle Unterstützung bzw. einen potenziellen Widerstand.

Der bewährte Klassiker


Die wichtigste und unter Technischen Analysten auch am wenigsten umstrittene Art von Unterstützungen und Widerständen ergibt sich aus vergangenen Tief- und Hochpunkten im Chart. Diese Kurstäler und -gipfel sind es auch, die in ihrer Abfolge die Frage der Existenz eines Trends beantworten. Sie kennzeichnen Regionen, in denen es in der Vergangenheit aufgrund der Veränderung des Kräfteverhältnisses zwischen der Angebots- und Nachfrageseite zu Wendepunkten gekommen ist. Der Technische Analyst spekuliert darauf, dass diese Machtverhältnisse zwischen Bullen und Bären bei einem erneuten Anlaufen der Region auch erneut zu einer Kursumkehr führen werden, und kennzeichnet diese historischen Bereiche visuell durch eine horizontale Linie im Chart.

Bedeutung


Je häufiger eine Unterstützung bzw. ein Widerstand ihre/seine Eigenschaft als solche(r) bewiesen hat, desto zuverlässiger und bedeutender wird der Bereich. Weiterhin gilt die Regel, dass ein zeitlich längerer Aufenthalt der Kurse in dem Bereich, aufgrund der dann stärker stattgefundenen Handelsaktivität, die Bedeutung steigert. Aus dem gleichen Grund hebt ein hohes Handelsvolumen bei der Ausbildung des Tiefs bzw. Hochs die Signifikanz. Schließlich gilt auch die Regel, dass historische Unterstützungen und Widerstände umso bedeutender sind, je kürzer die Zeitspanne ist, die seit dem Tief bzw. Hoch verstrichen ist. Der dahinterstehende Gedanke ist, dass bei einem zeitlich weit entfernten Umkehrpunkt kaum noch Marktteilnehmer mit Positionsschieflagen existieren, die beispielsweise bei einem Erreichen der Zone ihres Einstiegskurses erleichtert die Long-Position verkaufen, die bis dahin im Minus notiert hatte. Allerdings sollte betont werden, dass dennoch durchaus auch Widerstände und Unterstützungen, die vor Jahrzehnten etabliert und seither nicht wieder getestet wurden, bei einem erneuten Anlauf Relevanz besitzen.

Nachhaltigkeit


Ein entscheidender Punkt bei der Anwendung des Konzepts von Unterstützung und Widerstand ist die Frage, ab wann genau die Unterstützung bzw. der Widerstand als gebrochen gilt. Hintergrund der Problematik ist die Existenz von Fehlausbrüchen. Fehlausbrüche unter Unterstützungen werden auch Bärenfallen, Fehlausbrüche über Widerstände werden Bullenfallen genannt. Hierbei kommt es zu einem knappen und/oder kurzzeitigen Unterschreiten/Überschreiten der entsprechenden Zone, gefolgt von einem – oftmals dynamischen – Anstieg darüber bzw. darunter. Zur Minimierung solcher Fehlsignale werden in der Technischen Analyse und dem praktischen Trading Preis- und Zeitfilter zur Bestimmung der Nachhaltigkeit eines Durchbruchs verwendet. Beispielsweise gilt ein Tagesschluss über einem Widerstand als signifikanter als eine Intraday-Verletzung. Ein Wochenschluss darüber ist noch signifikanter etc. Bei mittelfristigen Signalen wird gelegentlich eine 3-Prozent-Durchbruchsregel verwendet, während im kürzerfristigen Trading bereits ein Anstieg von 1 Prozent oder sogar noch weniger über einen Widerstand bzw. unter eine Unterstützung als nachhaltig eingestuft werden kann. Hier gibt es keine strengen Gesetze. Im Vordergrund steht der Ausgleich zwischen dem Interesse des Anlegers, einerseits nicht auf unbedeutendes Rauschen der Kurse oder auch bewusst von anderen Marktteilnehmern zum sogenannten Stop-Fishing ausgelöste Durchbrüche hereinzufallen und andererseits nicht auf einen zu großen Teil der erwarteten Kursgewinne bei einem erfolgreichen Durchbruch verzichten zu müssen.

Wechselnde Polarität


Wird eine Unterstützung bzw. ein Widerstand nachhaltig verletzt, kommt es anschließend zu einer Vertauschung der Rollen. Aus der ehemaligen Unterstützung wird ein Widerstand und aus dem ehemaligen Widerstand wird eine Unterstützung. Dieses sogenannte Prinzip der wechselnden Polarität findet – ebenso wie die vorgenannten Prinzipien der Signifikanz und Nachhaltigkeit – auf alle Arten von Widerständen und Unterstützungen Anwendung, auch auf solche, die ihre Position im Laufe der Zeit verändern (zum Beispiel gleitende Durchschnitte und Trendlinien).

Grafik 1: Widerstand, Unterstützung und das Prinzip der wechselnden Polarität